Montag, 30. September 2013

Kurzer Rückblick auf die archäologische Fachtagung von Wort und Wissen

Die diesjährige archäologische Fachtagung von Wort und Wissen fand unter dem Titel "Die große Bedrohung - Israel im 9. und 8.Jh.v.Chr." statt. Als Hauptredner der Tagung waren Dr. David Ilan, Dozent am Hebrew Union College, und David Ussishkin, Emeritus der Universität von Tel Aviv und Leiter der berühmten Ausgrabung von Lachisch, eingeladen.

Ohne hier die gesamte Konferenz besprechen zu wollen, sollen zwei "Schnappschüsse" herausgenommen werden, die ich persönlich als wichtig für eine "evangelikale" Erforschung des AT wahrgenommen habe.

1) In seinem Vortrag über das eisenzeitliche Tel Dan sprach David Ilan auch über den in Dan ausgegrabenen Tempel, der wohl in kultischer Opposition zum Kultus in Jerusalem stand. So weit, so gut. Spannend wurde es jedoch, als Ilan über die Knochenfunde in diesem Tempelareal sprach. So wurden Laut Ilan "Löcher", jeweils auf der West- und Ostseite des Gebäudes gefunden, in denen sich Tierknochen befanden. Diese Knochen waren sehr wahrscheinlich die Überreste der Opfertiere, die auf dem Altar dargebracht wurden. Dabei war zu bemerken, dass die jeweiligen linken Tierhälften auf der Ostseite des Gebäudes gefunden worden, die Knochen aus den rechten Tierhälften aber auf der Westseite, wo man die Quartiere der Priester vermutete. Warum ist das nun besonders? Laut Numeri 18,18 ist es die rechte Seite des Opfertieres, die den Priestern zustand. Scheinbar hielten sich die Priester aus Dan (zumindest in diesem Punkt) an die Konventionen des im Pentateuch beschriebenen Kultus bzw. an die Regelungen für das Priesteramt. Num 18,18 wird regelmäßig der Quelle P zugeschrieben, die i.d.R nachexilisch datiert wird. Die Funde aus Tel Dan sind aber auf das 9.Jh.v.Chr. zu datieren, also 300 Jahre vor dem babylonischen Exil. Liegt hier eine authentische historische Erinnerung der exilischen Schreiber vor? Wurde bei der Komposition von P auf kultische Praktiken vor dem Exil zurückgegriffen (Aber warum dann gerade auf Praktiken aus Dan)? Oder sind die Vorschriften für den Kultus nicht doch einfach vorexilisch zu datieren? Die Ausgrabung aus Tel Dan jedenfalls sollten die Aufmerksamkeit der konservativeren Archäologen und Alttestamentler wecken. Die Ergebnisse der Ausgrabungen sollen bald in einem fünfbändigen Werk veröffentlicht werden - Man darf gespannt sein.

2) Ein Zitat (ebenfalls) von Ilan kann ich seit der Konferenz nicht vergessen: "Wenn wir nicht den biblischen Text hätten, dann würden wir mit rein archäologischen Methoden wohl kaum auf die Idee kommen, dass die assyrische Deportation des Nordreiches je stattgefunden hat" (paraphrisiert - Den genauen Wortlaut habe ich leider nicht mehr im Kopf). Wahnsinn, oder? Ist das nicht genau der Grund warum die bloße Möglichkeit verworfen wird, dass die Israeliten keine Kanaanäer waren, sondern von außen in das Land hineinkamen? Die Präferenz den fehlenden archäologischen Belegen einen Vorzug gegenüber dem Anspruch des Textes zu geben wird deutlich, oder? Aber warum wird dem Text in Fragen des 8 Jh. der Vorrang gegeben? Konsequent wäre es doch, ebenso die historische Realität einer assyrischen Deportation in Zweifel zu ziehen, also rein methodologisch.

So. Diese zwei Momentaufnahmen wollte ich teilen, auch wenn die Konferenz als ganzes sehr spannend war (hinkommen lohnt sich!).

Grüße, Gesellschaftsfähig.