Freitag, 6. Mai 2011

Jesus der Rebell Gottes?!

Pünktlich zu Ostern liefert der Spiegel auch dieses Jahr wieder einen Artikel zum Thema Jesus von Nazareth. Schon das Titelblatt der am 23.4. erschienenen Ausgabe macht deutlich worum es geht: Jesus wird mit leicht erhöhtem Blick und einem triumphalen Gesichtsausdruck vor rotem Hintergrund dargestellt. Das Bild weißt natürlich extreme Ähnlichkeit zum berühmten Portrait Che Guevaras auf. Jesus der Revoluzzer?!

In Zusammenarbeit mit Theologen und Religionswissenschaftlern zeichnet das Nachrichtenmagazin hier ein anderes Bild von dem Mann aus Nazareth als die Evangelien es tuen. Ihm wird der Titel als Messias abgesprochen, seine religiöse Leitfunktion wird in eine politische verwandelt und Jesus wird als gewaltbereiter Hasser Roms, der nebenbei noch Konflikte mit der jüdischen Elite hatte, dargestellt. Seine Jünger waren dabei nicht die Gefolgschaft eines friedfertigen Christus, sondern vielmehr Mitglieder einer terroristischen Gruppe, die von Jesus selbst angeführt wurde.

An diesem Punkt möchte ich den Artikel nicht genauer betrachten, sondern empfehle jedem, der sich dafür interessiert, ihn selbst zu lesen und sich eine Meinung zu bilden. Die Frage die sich mir allerdings aufdrängt und die ich hier erörtern möchte ist „Wie kommt man zu solchen Ergebnissen im Umgang mit den Evangelientexten?“

Zunächst würde ich gerne klarstellen dass die Meinung, die hier von den Spiegelautoren vertreten wird, alles andere als eine gängige Meinung ist. Selbst in der liberalen und universitären Theologie wird wohl kaum Jemand behaupten, dass Jesus ein „gewaltbereiter Revoluzzer“ gewesen sei. Dennoch ist die Idee natürlich verlockend - Jesu Leben ist ja bekanntlich ein Stein des Anstoßes und wird es wohl auch immer bleiben.

Das Bibelverständnis der Autoren ist natürlich wichtig um die oben genannte Frage zu beantworten. Für Religionswissenschaftler sind die Texte zunächst nur historische, durch Menschen beeinflusste Quellen und keine Zeugnisse übernatürlicher Ereignisse oder inspiriertes Wort Gottes. Es geht ihnen darum den historischen Kern zu erarbeiten, der frei ist von jeder Form von „Mythos“ oder „übernatürlichem“. Göttliche Offenbarung wird ausgeschlossen. Interessant ist sicherlich auch, dass die Evangelien Quellentexte sind, wie alle anderen frühen christlichen Texte auch. Nicht mehr und nicht weniger.
Eine solches Herangehen an den Text widerspricht definitiv dem Anspruch den die Autoren der Evangelien selbst an den Tag legen. So steht am Ende des Johannesevangeliums z.B.: Dies ist der Jünger, der dies alles bezeugt und aufgeschrieben hat, und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.

Ein solches Bibelverständnis macht es den Autoren des Spiegelartikels auch möglich einzelne Verse aus ihrem Kontext herauszureißen und sie vom Kontext gelöst zu verwenden. Die Aussage Jesu „Ich bin nicht gekommen um Frieden zu bringen, sondern das Schwert“ z.B. untermauert in dem Artikel die These von Jesu Gewaltbereitschaft, obwohl es in dem Text um Spaltungen in der Meinung über die Person Jesus geht.

Auch die Aussagen über Jesu Hass auf die Römer oder die Heiden generell lassen sich im biblischen Kontext nicht wirklich belegen. Ist es doch ein römischer Hauptmann in Kapernaum über den Jesus sagt „Einen solchen Glauben habe ich in ganz Israel nicht gefunden.“

Entzieht man dem Artikel die postulierte Vorraussetzung, dass die Evangelien keine inspirierten Texte seien, sondern einfache, beeinflusste Quellentexte, dann sind die Ergebnisse der Autoren hinfällig. Und selbst, wenn man nicht davon ausgeht, dass die Texte der Evangelien von Gott inspiriert sind, dann sollte man zumindest den Eigenanspruch der Texte beachten, die als historisch zuverlässig gelesen werden wollen.

Zum Schluss noch eine Überlegung: Wenn Jesus denn politischer und gewaltbereiter Revoluzzer gewesen wäre, warum wurden die Evangelien dann so konträr zu seiner eigentlichen Persönlichkeiten verfasst? Was hätte die Evangelisten dazu veranlasst? Wir können uns ziemlich sicher sein, dass mindestens das Markus Evangelium auf einen direkten Augenzeugen, nämlich Petrus, zurückzuführen ist. Was sollte ihn dazu gebracht haben ein solch falsches Bild von Jesus zu zeichnen?! Hätte man ihn nach seinem Tod nicht viel mehr zu einer Ikone des bewaffneten Widerstandes erheben sollen? Ebenso wie die letzten Zeloten, die sich im jüdischen Krieg gegen die Römer 73 n.Chr. auf der Festung Massada verschanzten und dort erbitterten Widerstand gegen eine militärische Übermacht leisteten. Am Ende begingen sie einen heroischen Kollektivselbstmord um den Römern nicht lebend in die Hände zu fallen. Noch heute werden israelische Soldaten auf Massada vereidigt, was die Verbundenheit der Juden zu diesem Ort zeigt. Wäre Jesus ein solcher gewaltbereiter Terroristenführer gewesen, wie die Zeloten es übrigens auch waren, wäre es dann nicht für die Evangelisten viel besser gewesen ihn auch zu einer solchen Ikone zu erheben? Die Überlegung Jesus wäre ein Revoluzzer wie Che gewesen ist auch hier historisch schwierig zu belegen.

Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass die Thesen, die der Spiegel über Jesus aufstellt, für mich als höchst unwahrscheinlich abzutun sind. Es gibt für uns als Christen genug rationale Gründe an die Historizität der Evangelien zu glauben und solche Aussagen über Jesus auch auf einer wissenschaftlichen Ebene abzulehnen.

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